Renate Salzbrenner
Auf den Tag genau zwei Jahre nach dem Suizid ihres Sohnes Christian schrieb Renate Salzbrenner 1994 das erste ihrer vielen Gedichte nieder. „Nichts ist mehr, wie es war“. Ihr eigener Trauerprozess, das erkannte sie, äußert sich in diesen Gedichten und ließ sich daran auch nachvollziehen: Die Verzweiflung und die Suche nach der Annahme des Geschehenen und seiner Einordnung in das bisherige Leben.
Über die Jahre entstanden unzählige Gedichte.
Die ersten Gedichte veröffentlichte Sie 1995 in dem Gedichtband „Auf einem Regenbogen“. Es folgten Ihre Werke „Gib acht auf dich“, „Traum-Los“, „Eigentlich wolltest du Leben“ und „Trauern und leben“.
Ihren Lebensweg beschrieb sie natürlich ebenso in Gedichtform. Das Gedicht „Überall (Heimatgedicht)“ auf der folgenden Seite erzählt die wichtigsten Stationen ihres reichhaltigen und schöpferischen Lebens.
Überall
(Heimatgedicht)
An der Ostsee bin ich geboren,
an der Ruhr aufgewachsen,
am Main habe ich eine Familie gegründet,
am Michigan-See meinen Horizont erweitert
und lebe nun an den Ufern der Regnitz.
Überall traf ich Menschen,
mit denen ich gerne in einem Boot saß und
solche, denen ich lieber davonschwamm.
Überall gab es böse Gewitter,
gutmütige Sonnen und Monde, die mit mir
wachten und den Schweiß von der Stirn tupften.
Überall fand ich lockende Früchte,
verdauliche, unverdauliche
und überall einen Platz für die Füße.